Ein Bunker am Marienbruch im Wassenberger Westen ist Zeugnis des Zweiten Weltkriegs. Experten haben dazu geforscht.
Von Willi Spichartz
Es war eine 40-köpfige, friedliche Gruppe, die sich zwischen Eichen, welkendem Farn, giftigen und ungiftigen Pilzen, Totholz und Dornenranken, die nach Jacken und Hosen griffen, im Wassenberger und Rosenthaler Wald bewegte, um letzte Zeugnisse der kriegerischen Truppen von vor 75 Jahren zu sehen. Oliver Hermanns, stellvertretender Vorsitzender des Heimatvereins Wassenberg, und Markus Morgenweg aus Aachen, beide Experten für Militäranlagen des Zweiten Weltkriegs, führten zu Bunkern und „Feldmäßigen Stellungen“ im Stadtgebiet. „Westwall“ war das Stichwort für die beiden Wald- und Feldführer. Für den Wall hatte Nazi-Deutschland zwischen 1936 und 1939 allein rund 20.000 Beton-Bunker von Kleve bis zur Schweizer Grenze bei Basel bauen lassen. Zum Programm der historischen Wanderung gehörte ein teilzerstörter Bunker mit der Bezeichnung „Regelbau 10“, der am Marienbruch von Oliver Hermanns von den pflanzlichen Überwucherungen befreit werden musste, um ihn zeigen zu können. Ausgerüstet war der Bunker in der ansteigenden Rurterrasse, einer von 60 im Stadtgebiet, mit Unterkünften für rund 15 Soldaten, zwei Maschinengewehren und den Handfeuerwaffen für die Besatzung.
Als die Alliierten nach der Invasion im Juni 1944 in der Normandie sich im Herbst 1944 der Region näherten, wurde der Westwall als Teil der „Rurbefestigung“ aktiviert und durch die bei Rosenthal/Schaufenberg sichtbaren „Feldmäßigen Stellungen“ ergänzt, wie Markus Morgenweg erläuterte. Und die waren aus einem militärstrategisch fast skurrilen Grund notwendig geworden. Morgenweg: „Die Nazis hatten nach der Eroberung von Frankreich, Belgien und den Niederlanden die Ausrüstungen der Bunker ausgebaut, da der Westwall jetzt keine Grenzbefestigung mehr war. Durch den schnellen Vormarsch der Alliierten 1944 blieb den deutschen Streitkräften keine Zeit, die Ausrüstungen aus- und hier wieder einzubauen.“ Feldmäßig wurden dann schnell Stellungen aus „Erde und Holz“ geschaffen, von denen heute noch einige im Rosenthaler Wald zu erkennen sind, wobei die Stempel und Abdeckungen lange verfault sind. Erosion sowie Regenauswaschungen und Anschwemmungen von Erde mit Überwuchs lassen für Laien den Zweck der Erdwerke schwer sichtbar werden. Von den Betonbunkern und Feldstellungen geht nach Aussagen der Experten keinerlei Gefahr in Form von Munition oder Minen aus. Hermanns und Morgenweg haben die Örtlichkeiten seit Jahren gründlich untersucht und dokumentiert, Morgenweg hat seine Forschungen 2016 in einem Buch zusammengefasst.
Erkennbar sind im Rosenthaler Landschaftsschutzgebiet Artilleriestellungen als Rundlöcher, in denen unter anderem die Feldhaubitze 18, so gefundene Geschosshülsen, untergebracht waren, Laufgräben, aus denen die Soldaten beobachteten, Verbindungen schufen und schossen, sowie Panzer(abwehr)gräben in V-Form von drei Metern Tiefe, vier Metern Breite und 55 Grad steilen Winkeln, in denen die zig Tonnen schweren Fahr-Waffen steckenbleiben sollten. Gegraben wurden die „Feldmäßigen Stellungen“ im Bereich Wassenberg von 16-jährigen Jungen aus dem Bergischen Land unter Bombardements und Artilleriebeschuss.
INFO
Starke Befestigung entlang der Rur
Zeit Hatten die Alliierten vom Atlantik bis zur deutschen Grenze bei Aachen im September 1944 etwas mehr als drei Monate gebraucht, benötigten sie von dort bis Wassenberg bis zum 28. Februar 1945 – ein Zeichen für die starke Befestigung der Rur. In weiteren drei Tagen waren die Alliierten am Rhein.
Bunker Alle „Westwall“-Bunker waren auf Befehl Hitlers gesichert gegen Kampfgas – er war im Ersten Weltkrieg durch derartiges Gas verletzt worden.
Buch „Der Westwall im Raum Wassenberg“, Markus Morgenweg. Helios-Verlag Aachen, im Buchhandel für 29,90 Euro.
Quelle: RP vom 2. November 2019
Von Angelika Hahn
Den regelmäßigen Spaziergang an der Rur, Bürgermeister Manfred Winkens aus Ophoven mag ihn nicht missen, ebenso sieht es Heimatvereins-Vorsitzender Walter Bienen. Die Auenlandschaft präge die Region. Auf besonders große Resonanz stieß im Spätsommer denn auch die Ausstellung über „Die Ruraue – im Blick der Maler und Fotografen“ im Wassenberger Bergfried. Daher entschloss sich der Heimatverein, eine Auswahl von Werken der Schau im Jahreskalender 2020 zu veröffentlichen. Die Redakteure des Kalenders, Vorsitzender Walter Bienen, Fotograf Hans-Josef Jansen und Küppers-Haus-Kurator/Sammler Walter Kurzweg haben eine Mischung aus aktuellen Arbeiten und Bildern verstorbener Chronisten der Wassenberger Landschaft zusammengestellt. So finden Heimatfreunde Fotos, Zeichnungen und Gemälde unterschiedlicher Stilistik vereint.
Das Titelbild „Blick ins Rurtal“ ist ein duftiges Aquarell des bekannten Lövenicher Künstlers Will Völker (1921-1998) von 1950. Aufgenommen wurden natürlich auch Gemälde und Grafiken des Wassenberger Künstlers Leo Küppers (1880-1946), dessen Geburtshaus heute als Galerie seiner Arbeiten geführt wird, und Paul Wollenweber (1920-1980), der in der Stadt auch als Architekt Spuren hinterließ. Jean Grothe (1865-1926) ist mit „Heuernte in der Aue“ aus dem Küppers-Haus und dem das Bürgermeisterbüro im Rathaus zierenden „Blick auf Wassenberg aus der Ruraue“ vertreten. Grothe und Küppers waren beide der bekannten Düsseldorfer Malerschule verbunden. Das Küppers-Gemälde „Treibjagd in der Aue“ hat die Stadt übrigens vor zwei Monaten erst fürs Küppers-Haus erworben.
Die Wolfhager Mühle in Karken-End zeigt ein Gemälde des verstorbenen früheren Kunstlehrers am Heinsberger Gymnasium, August Lentz. An ihn erinnert sich Bürgermeister Manfred Winkens noch gut: „Er war mein Kunstlehrer um 1960.“ Das 1947 gemalte Bild nannte Lentz „Kartoffelbild“, weil es kurz nach dem Krieg dafür statt Geld Kartoffeln gab. Heute hängt es in der Wolfhager Mühle. Zu den vertretenen heimischen Malern zählt noch der Arsbecker Hubert Plücken, der das stimmungsvolle Bild „Altarm der Rur bei Orsbeck“ beisteuert.
Die aktuelle Fotografie ist mit Landschaftsstudien von Eric Hermanns und Hans-Josef Jansen vertreten. Der Heinsberger, schon mehrfach bei Schauen im Bergfried vertreten, gehörte auch zum Redaktionsteam für den Bildkalender. Sein „Abendrot über verschneiter Ruraue bei Kempen“ prägt als fantastische Farb-Licht-Studie das Dezember-Blatt.
Der Kalender, in einer ersten Auflage von 100 Stück herausgegeben (Nachdruck möglich), ist für 15 Euro erhältlich in den Wassenberger Geschäften „Tintentake“/Oberstadt und Media Ecke/Graf-Gerhard-Straße sowie im Naturpark-Tor am Pontorsonplatz.
Quelle: RP vom 6. November 2019
Wassenberg gehört zu den ersten Städten deutschlandweit, die Stadtführungen über eine Augmented-Reality-App anbieten. Ritter Gerhard entführt ab November zurück ins Jahr 1420.
Von Kurt Lehmkuhl
Über einen neuen, wenn auch nur virtuellen Kollegen freut sich Walter Bienen, der für den Heimatverein durch die geschichtsträchtige Stadt Wassenberg führt: Ritter Gerhard bietet ab dem ersten Novemberwochenende Unterstützung bei den Bemühungen des Heimatvereins und der Stadt Wassenberg, Bürgern und Besuchern die Geschichte der Stadt näherzubringen. Ritter Gerhard führt die Interessierten zurück in das Wassenberg anno 1420.
Der virtuelle Ritter ist Teil einer sogenannten Augmented-Reality-App (AR). Mit dieser Applikation, die sich jeder Smartphone-Besitzer aus dem Internet auf sein Gerät laden kann, kann der Nutzer Wissenswertes über verschiedene historisch bedeutsame Stätten in Wassenberg erfahren. Am Beispiel der Burg machten Annika Schmitz, Geschäftsführerin der Kunst, Kultur und Heimatpflege Wassenberg gGmbH, und die Entwickler der Anwendung, Ben Koch und Rainer Martin von der Gesellschaft EXIT3D, bei der Präsentation des elektronischen Stadtführers deutlich, wie die Sache funktioniert: Über die App meldet der Nutzer sein Interesse an Informationen über die Burg an. Auf seinem Bildschirm erscheint nach der Eingabe eines Codes die Burg in der realen Zeit und nach einem Klick davor der virtuelle Ritter Gerhard. Rund 40 Sekunden lang berichtet er Wissenswertes über das Gemäuer und dessen Geschichte. „Das ist dann der Einstieg in die Historie“, erläuterte Annika Schmitz. „Wer mehr als diese Grundinformation haben möchte, kann sich dann bei einer Stadtführung mit mir oder einem Kollegen oder anhand der Literatur mehr Wissen holen“, ergänzte Bienen. Neben der Burg sind der Bergfried, das Rosstor und der Verlorenenturm auf diese Weise erlebbar.
Auf die Idee für diese Form der Informationsvermittlung ist Schmitz bei einem Besuch in Solingen gekommen, wo EXIT3D diese AR-Methode auf Schloss Burg zum ersten Mal anwandte. „Es ist spannend, Stadtgeschichte in kurzen Sequenzen zu präsentieren“, erkannte Schmitz. Schnell konnte sie die Stadt Wassenberg und den Heimatverein dafür gewinnen, sich an dem Projekt zu beteiligen. „Wassenberg ist somit eine der ersten Städte deutschlandweit, in der Augmented-Reality bei Führungen praktiziert wird“, sagte Koch. Mit der modernen digitalen Form könnten auch junge Leute eingebunden werden, die herkömmlichen Führungen eher zurückhaltend gegenüberstünden.
Mit dem Heimatverein wurden markante Gebäude ausgewählt, der Heimatverein lieferte die Texte, die von Koch und Martin in die für Ritter Gerhard passende Form gebracht wurden. „Jetzt sind wir alle gespannt, wie es laufen wird“, sagte Martin. Man werde Erfahrungen sammeln, vielleicht noch ein paar Änderungen vornehmen und möglicherweise die Zahl der Besuchsorte vergrößern. Immerhin gibt es zehn unterschiedliche Themenführungen mit 65 für Wassenberg wichtigen Punkten, wie Bienen meinte.
Das Datum anno 1420 ist nicht willkürlich gewählt. Seither gibt es den Bergfried Wassenberg, der im nächsten Jahr seinen 600. Geburtstag feiert, sagte Heimatvereinsmitglied Walter Brehl, die App mit der virtuellen Zeitreise sei im Vorgriff das erste Geschenk. Ob es bei dieser AR bleibt, ob sie erweitert wird oder es im nächsten Schritt sogar eine virtuelle Realität gibt, bei der Besucher durch das historische Wassenberg laufen, bleibt abzuwarten und ist auch eine Frage der Finanzen.
Quelle: RP vom 25. Oktober 2019
INFO
Zeitreise ist ab dem 2. November möglich
Projektstart Ab dem 2. November lädt Ritter Gerhard zur Zeitreise durch Wassenberg ein. Die Codes zur Aktivierung der Applikation „WassenbergAR“ sind an den jeweiligen Standorten oder unter www.wassenberg.de/anno1420 abrufbar. Zum Auftakt gibt es am 2. November ab 16 Uhr und am 3. November ab 14.30 Uhr Stadtführungen mit Halt an den vier AR-Stationen. Treffpunkt ist an Burg Wassenberg.
Projektkosten Die Kosten für das aktuelle Projekt von rund 7500 Euro konnten dank der Stadt, der gGmbH, des Heimatvereins und des Entgegenkommens der EXIT3D-Gesellschaft gestemmt werden.
Zum dritten Mal in Folge fand Ende Oktober wieder eine besondere Aktion des Heimatvereins Wassenberg zwischen Pfarrkirche St. Georg und dem Pontorsonplatz statt.
Die Kindergartenkinder des Myhler Kindergartens Rosengarten durften am Lebkuchenbaum die mit Schokolade überzogene Nascherei in Empfang nehmen.
Am historischen Wehrturm erwartete der Vorsitzenden Walter Bienen die Kinder mit ihren Eltern und Geschwistern, um gemeinsam zu einem Spaziergang aufzubrechen. Hierbei kamen sie an verschiedenen Baumarten vorbei. Schnell stellten die meist größeren Kinder fest, dass die Bäume fast alle mit Namensschildchen versehen sind, was auch auf die Initiative des Heimatvereins zurückzuführen ist.
Besonders imposant fanden sie den großen Mammutbaum. Schließlich kam die Truppe am sogenannten Lebkuchenbaum vorbei, der tatsächlich echte Lebkuchen trug (s. Foto).
Da zufällig eine Leiter am Baum stand, konnte Herr Bienen direkt die Lebkuchen ernten und gemeinsam mit Agnes Basten an alle Kinder verteilen.
Agnes Basten
Geschäfts-, Fahrten- und Spendenkonto des Heimatvereins Wassenberg e.V.:
Kreissparkasse Heinsberg ● IBAN DE03 3125 1220 0002 2043 60 ● BIC WELADED1ERK