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Sänger: Karl Lieck

Wassenberg1420

 

Ner tamid i

(Ewige Lampe)

 

Eines ist sicher, wenn es auch keine Dokumente darüber gibt: Betty muss nach Auschwitz gekommen und hier bei der Selektierung ausgesondert worden sein. Denn nur so lässt sich erklären, dass sie im Oktober/November 1944 mit einem Frauentransport in das Konzentrationslager Bergen-Belsen in der Lüneburger Heide kommt. In mehreren Schüben kommen aus Auschwitz-Birkenau hier ca. 3000 Frauen an. Aus Bergen-Belsen existieren nämlich Bettys letzte Lebenszeichen: eine Karte an ihren Onkel Max Hertz und eine solche nach Wassenberg an Elisabeth Graab.

Selektion auf der Rampe von Auschwitz-Birkenau. Im Hintergrund das Lagertor. Betty wurde ausgesondert.
Selektion auf der Rampe von Auschwitz-Birkenau. Im Hintergrund das Lagertor. Betty wurde ausgesondert.

Bergen-Belsen war von 1940 bis 1943 Kriegsgefangenen-Lager (Stalag 311) für Russen, die zum größten Teil durch eine Fleckfieberepidemie umkamen. Im April 1943 wurde ein Lagerkomplex an die SS übergeben, um ein sogenanntes „Auffanglager” einzurichten. Seit März 1944 Wurden die mehr und mehr in Frontnähe befindlichen Konzentrationslager aufgelöst und ihre Insassen in den „Mittelpunkt des Reichs” nach Bergen-Belsen verfrachtet. Das war vielleicht auch der Grund, warum Betty der Stätte fabrikatorischen Mordens‚ der perfektesten Todesmaschine, der kristallisierten Blausäure Cyklon B, entging.

Konzentrationslager Bergen-Belsen in der Lüneburger Heide.
Konzentrationslager Bergen-Belsen in der Lüneburger Heide.

Wie sie den tagelangen Transport im Spätherbst 1944 überstand, bleibt ein Rätsel. Eberhard Kolb schreibt: „Als diese kranken und geschwächten Frauen nach mehrtägiger Fahrt in überfüllten Viehwaggons völlig erschöpft in Bergen—Belsen ankamen, standen noch keine eingerichteten Baracken für sie zur Verfügung. In Herbsteskälte und Nässe mussten sie auf einer dünnen Strohschütte in völlig überfüllten Zelten vegetieren, in denen es weder Beleuchtung noch Toiletten gab.”6) Am 2. Dezember 1944 waren 8000 Frauen und Mädchen im Frauenlager zusammengepfercht. Eine von ihnen war Betty Reis, eine andere, die in aller Welt durch ihr Tagebuch bekannte Anne Frank.

Die Lagerleitung tat bewußt nichts, die unhaltbaren Zustände zu beseitigen. Sie nahm auch nicht die im nahen Truppenübungsplatz vorhandenen Nahrungsmittel- und Kleidermagazine in Anspruch. Viele verhungerten, ja verdursteten. Rapide um sich greifende Seuchen wurden zu Sicheln des Todes. Anne Frank starb an Typhus. Welche Todesursache hat unsere Betty dahingerafft? Wir wissen es nicht.

Niemand kennt Bettys Grab. Oft bin ich mit Studenten aus dem In- und Ausland in Bergen-Belsen gewesen und habe zwischen den langen bedrückenden Hügelreihen der Massengräber über Betty Reis zu ihnen gesprochen‚ einem Mädchen so alt wie ich aus Wassenberg:

„Un-Sinn, du siegst und ich muss untergehen!”

Gedenkstein für Betty Reis in Wassenberg. Errichtet 1992. Bildhauer: Ernst Brockschnieder, Heinsberg-Kirchhoven
Gedenkstein für Betty Reis in Wassenberg. Errichtet 1992. Bildhauer: Ernst Brockschnieder, Heinsberg-Kirchhoven

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