Bild 39 Der Seminarist
Dauerleihgabe – Privatbesitz
Maße: 60 x 50 Öl / LW sign. unten links
Da sitzt er nun, der junge Seminarist – reisefertig gekleidet noch in den Kleidern aus dem wohlhabenden elterlichen Haus – dem roten Schoßrock und dem schwarzen, mit einem Seidenband umwundenen Haarhut, der Kniebundhose und den weißen Seidenstümpfen – so wie er vor vier oder fünf Jahren als eben mal fertiger Abiturient ins Kolleg gekommen ist – in der Absicht, sich auf ein Leben in der Fremde vorzubereiten.
Das Interieur und die Aussicht durch das große Fenster auf die mächtige zweitürmige Basilika lassen uns wissen, dass hier die Situation in klösterlicher Umgebung Thema der bildlichen Gestaltung ist. Wusste Leo Küppers doch aus seinen vielen Begegnungen mit Menschen im ländlich niederrheinischen Raum und auch aus seiner Herkunft im katholisch christlich geprägten Wassenberg, wie die Wege junger Männer oft verliefen, waren sie nicht Erstgeborene auf dem Hof oder nicht willens, in Administration oder Handel zu gehen.
Hier erzählt uns Küppers sehr einfühlsam den Lebensweg des jungen Mannes, aus betuchter Familie kommend, auf ein Leben in der Fremde, wohl als Missionar oder Lehrer in der weiten Welt. Küppers gibt viele Hinweise auf die Situation, in der sich dieser junge Mensch am Ende seiner Ausbildung befindet. Die behütete, traute Umgebung seines Studierzimmers ist perfekt dargestellt. Beginnend mit dem fein säuberlichen Plattenboden des Zimmers, dem großen Fenster mit Butzenscheiben, dem Vorhang sonnenbeschienen und dem herrlichen Feldblumenstrauß auf der Kommode vor dem Fenster. Auf der Stirnseite des Zimmers nur angedeutet die große Skulptur eines Heiligen mit Wanderstab. Wer denkt nicht an den Hl. Jakobus? Da bringt uns der Maler natürlich auf den richtigen Weg. Hier wird Abschied genommen, hier macht einer sich auf den Weg. Was hängt da neben dem Heiligen, natürlich eine Wandkarte, wie wir sie aus dem Schulunterricht des 19. und 20. Jahrhunderts kennen. Dieses Rollbild ist schmal und lang, lässt uns das an Südamerika denken? Darunter der Globus, wohl ein Geschenk noch von Zuhause. Dann daneben – die Reisetruhe. Der Deckel weit geöffnet. Man sieht hinein, da ist noch Platz. Der junge Mann sitzt aufrecht auf seinem Stuhl, betrachtet ein Bild auf einem Blatt Papier, vielleicht eine Ansicht der Stadt, in der er bald seine Arbeit finden wird. Viel Ungewissheit für den Seminaristen, spannende Bildlektüren für uns Betrachter.
Ein Stück Kulturgeschichte bildhaft festgehalten.