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Sänger: Karl Lieck

Wassenberg1420

 

Walter Reis: Weihnachts-Geschichten aus der Kinderzeit in Wassenberg

Wie selbstverständlich das Zusammenleben der jüdischen Mitbürger mit den übrigen Bewohnern Wassenbergs vor der Nazizeit war, mag der Brief verdeutlichen, den der einstige „Bröhler Jong“ Walter Reis einmal vor Weihnachten an die Familie von Karl Lieck schrieb:

„Meine Schwester Betty und ich und unser Vetter Heinz Hertz gingen in Wassenberg in die evangelische Volksschule. Wochen vor Weihnachten wurden dann die Weihnachtslieder in der Schule geübt und bis heute kenne ich noch die meisten - und oft mit allen Strophen. Einige Tage vor Weihnachten gingen wir Jungens in einen kleinen Wald bei der Eisenbahnlinie und suchten uns den besten Baum aus. Nach dem Absägen des Baumes trugen wir den großen Tannenbaum auf unseren Schultern zu der evangelischen Kirche.

Wir sangen dann Weihnachtslieder und die Leute kamen aus den Häusern heraus und hörten uns zu. Dann wurde der Baum aufgestellt und die Mädchen kamen dann auch und halfen beim Beschmücken des Baumes, Damals war das mit Kerzen, die dann am Weihnachtsabend den Tannenbaum beleuchteten. Der Tannenbaum reichte fast bis an die Decke der kleinen Kirche.

Am Heiligen Abend gingen wie alle dann, auch die jüdischen Kinder, in die Kirche und sangen begeistert die Weihnachtslieder, Ich weiß noch, dass ich den Blasebalg an der Orgel mit dem Fuß bediente, weil der Lehrer die Weihnachtslieder spielte. Nach der Feier wurden wir Kinder beschenkt. Oft bekamen die evangelischen Kinder ein Gebetbuch oder ein religiöses Liederbuch. Wir drei jüdischen Kinder bekamen ein anderes Buch oder eine Süßigkeit.

Am Weihnachtstag besuchten wir dann manche Nachbarhäuser. Man ließ uns in die gute Stube, wo der Weihnachtsbaum stand. Wir sangen Weihnachtslieder und erhielten Plätzchen und Süßigkeiten. Es war Sitte, dass man zuerst zu den älteren Nachbarn ging.

Wir zu Hause hatten keinen Weihnachtsbaum, denn wir feierten Hanukah, was meistens um die selbe Zeit wie Weihnachten war. Wir zündeten dann die Hanukah-Kerzen an: Am ersten Feiertag nur eine, bis dann am achten Tag acht Kerzen. Ich erinnere mich, dass mein Vetter Heinz, Theo Jansen und ich versuchten, die Kerzen so lange wie möglich brennen zu lassen. Das waren oft viele Kerzen, denn mein Vater‚ mein Onkel Karl Heitz (Hertze Karl genannt), Heinz und ich - alle hatten unsere eigenen Hanukah-Kerzen. Unsere Kinderkerzen waren nicht auf einer Menorah, sondern auf einfachen Bleileuchtern. Als wir mit dem letztem Flackern der Kerzen spielten, schmolz das Blei und brannte den Holztisch an. Natürlich war das das Ende unseres Spielens mit den Kerzen.

Als wir zehn, zwölf Jahre alt waren, war der feste Glaube an den Zinter Kloas nicht mehr da. Wenn er dann die Brühlstraße herunter kam mit dem schwarzen Peter, liefen wir frechen Buben ihm nach und riefen „Zinter Kloas hält Jeetebeen!“ Dann sprangen wir über den Wassergraben, so dass uns der schwarze Peter nicht fangen sollte. Hans Jansens Sprung war zu kurz und er kam mit einem Fuß in den Wassergraben, jedoch er entkam dem schwarzen Peter.

Völl Jrööß van Pickering nach Wasseberch, Ihre Ellen und Walter Reece.“

 

Walter Reis - Kindheit und Jugend

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